Gut, daß man über das Tosen den Laut nicht hören konnte, Daß ich mit meiner Schande alleine war: Ich habe bei der offenen Ausstiegsluke gezögert - Und vergaß den Karabiner anzuknöpfen. Der Instrukteur half mir - mit dem Knie einen Stoß - Die Schranke von Schwäche zu überwinden: Ich hielt seine träge Beschimpfungen Für unser gewöhnliches: "Mutiger, Söhnchen!" Mein Schrei wurde abgerissen, Und meine Wangen wurden verbrannt Wie mit kalten scharfen Klingen Durch emporsteigende Ströme. Und der Laut kam umgekehrt in meine Leber, Strömte wieder hinein, beim Einatmen Lustige, sorglose Luftige Ströme. Ich fiel zu ihnen in ihre geschickten nichtloslassenden Hände: Sie drücken und stoßen mich - sie machen was sie wollen! Und ich in Bereitschaft führe scherzend Die verrückten Tricks nach der Reihe aus. Ob es bei diesem Fall irgendeinen Sinn gibt, Das erfahre ich später und einstweilen - Mal fiel mir der Horizont der Erde ins Gesicht, Mal schauerten Wolken hernieder. Mein Schrei wurde abgerissen, Mein Wangen wurden rasiert Wie mit kalten scharfen Klingen Durch emporsteigende Ströme. Und das Blut trieb in meine Leber, Grausam und angespannt, Unsichtbare entgegenkommende Luftströme. Aber ich riß den Ring in einer Eingebung auf, Wie den Kragen eines Hemdes oder den Zünder einer Granate. Es geschah in einem zufälligen freien Fall - In achtzehn kurzen Sekunden. Und jetzt - bin ich nicht fesch, Höcker auf beiden Seiten, In jedem Höcker - lebensrettende Seide. Ich steure auf das Ziel zu und verliebt, verliebt In den nicht zufälligen Sprung! Und mein Schrei ist abgerissen Und rasiert sind die Wangen Wie mit kalten scharfen Klingen Durch emporsteigende Ströme. Und dringen in meine Leber Beim Ausatmen und Einatmen Seelenlose und ewige Luftströme.
                               
Ein unvergleichbarer Absprung aus den Tiefen der Stratosphären Nach dem Signal "Los" schritt ich ins Nirgendwo, - Nach dem unsichtbaren Schatten des gesichtslosen Wunders, Nach dem freien Fall geht es los! Ich komme durch luftige, watteähnliche Dunkelheit, Obwohl die Bedingungen des Falles nicht gegeben sind. Aber man darf nicht frei fallen, weil Wir nicht in die Leere fallen. Und mein Schrei ist abgerissen Und rasiert sind die Wangen Wie mit kalten scharfen Klingen Durch emporsteigende Ströme. Auf mir ist ein Rucksack, Ich treffe - die Hände an den Seiten - Gerade, makellose Luftströme. Der Wind sickert in die Ohren und flüstert anstößig: "Zieh nicht den Ring - die Leichtigkeit kommt bald..." Dreihundert Meter bis zur Erde - jetzt wird es spät! Der Wind lügt, er lügt sicherlich! Die Halteleine zieht mich nach oben, Schuß von der Kuppel - stopp! Und - als gäbe es diese Minute nicht. Es gibt keinen freien Fall von den Höhen, dafür aber Gibt es die Freiheit den Fallschirm zu öffnen. Meine Wangen erkühlen Und die Lider öffnen sich - Die Ströme sind erfüllt Mit Sorgen um den Menschen! Traurig starre ich hinauf - Die Sterne dort sind einsam - Und ich trinke horizontale Luftströme.
© Elisabeth Jelinek. Übersetzung, 2017