Heiz das Schwitzbad mir, Wirtin, sonst friere ich, Mach die fremde Welt mir zum Genuß, Mir wird schwindlig, auf einmal verlier ich mich, Löst die Zunge sich durch Dampf und Guß. Heiz das Schwitzbad mir, Wirtin, sonst friere ich, In dem Hitzestau heiz ich mich auf. Auf der obersten Stufe hier spüre ich, Alle Zweifel in mir hören auf. Ich zerfließe zur Sünde im feuchten Stau, Kalter Guß macht mich wieder bewußt. Aus der Zeit des Personenkults leuchten blau Tätowierungen auf meiner Brust. Heiz das Schwitzbad mir, Wirtin, sonst friere ich, Bin so fremd hier, erstarrt schon im Krampf, Mir wird schwindlig, ich glaub, ich verliere mich, Meine Zunge löst sich in dem Dampf. Wieviel Glaube und Wald ward mit Schmerz zersägt, Wieviel Wege und Leid, zähl es nicht! Stalin links auf der Brust, wo das Herz mir schlägt, Auf der rechten Marinas Gesicht. Ich erhielt für den Glauben als Unterpfand Paradiesische Kur viele Jahr, Hab getauscht meinen sinnlosen Unverstand Für ein Leben, das hoffnungslos war. Heiz das Schwitzbad mir, Wirtin, sonst friere ich, Bin so fremd hier, erstarrt schon im Krampf, Mir wird schwindlig, ich glaub, ich verliere mich, Meine Zunge löst sich in dem Dampf. Wenn ich so mein Gedächtnis durchwandere, Kurzer Abschied am Ende der Nacht, Von dem einen Sibirien ins andere Haben zwei schmucke Kerls mich gebracht. In die Steinbrüche, Sümpfe hinein verbannt, Es ist viel, was man schluckt und erträgt, Doch wir haben ihn links uns hineingebrannt, Sollte hören, wie unser Herz schlägt. Heiz das Schwitzbad mir, Wirtin, sonst friere ich, Bin so fremd hier, erstarrt schon im Krampf, Mir wird schwindlig, ich glaub, ich verliere mich, Meine Zunge löst sich in dem Dampf. Ich krieg Schüttelfrost von dieser langen Zeit, Heißer Dampf macht den Kopf mir so hohl, Aus dem Nebel der kalten Vergangenheit Stürzte ich mich hierher, fühl mich wohl. Die Gedanken, die kommen, ertrag ich nicht: War umsonst dieses Mal, dieses Leid? Mit der Rute aus Birken erschlage ich Dieses Erbe der düsteren Zeit. Heiz das Schwitzbad mir, Wirtin, sonst friere ich, Mach die fremde Welt mir zum Genuß, Mir wird schwindlig, auf einmal verlier ich mich, Löst die Zunge sich durch Dampf und Guß.
© Reinhold Andert. Übersetzung, 1989
© Ralf Zimmermann. Musik, 1989
Udo Wildemann. Vortrag, 1989