Anders laufe ich beim Pferderennen, Über Pfützen, Tau und über Stein. Höre, wie mich alle Zelter nennen, Anders als die ändern muß ich sein.
Doch mein Reiter sitzt stets obenauf, Schmerzlich spür ich jeden Rippenstoß. Ach, wie gern ich in der Herde lauf, Wär ich nur den Zaum und Sattel los. Steckt ein Messer erst mal in der Scheide, Wird es harmlos, keiner ist bedroht. Wie ich unter diesem Sattel leide, An dem Zaumzeug scheure ich mich rot.
Auf dem Rücken Quetschungen zuhauf, Zittere vor Wasser, seh ich’s bloß. Ach, wie gern ich in der Herde lauf, Wär ich nur den Zaum und Sattel los. Wettkampf wurde angesetzt für heute, Wer gewinnt, ist keine Frage mehr, Denn auf Zelter setzen alle Leute, Und mein Jockey auf mir atmet schwer. Stößt mir in die Rippen: Los, frischauf! Die ihm dabei zusehn, grinsen bloß. Ach, wie gern ich in der Herde lauf, Wär ich nur den Zaum und Sattel los.
Fiebernd tänzeln jetzt am Start die Pferde, Blanker Haß trifft mich von jedem Tier. Tollwut hat erfaßt die ganze Herde, Schaum auf allen Mäulern, auch bei mir. Leute schauen achtungsvoll herauf, Denn bei ihnen ist mein Jockey groß. Ach, wie gern ich in der Herde lauf, Wär ich nur den Zaum und Sattel los.
Siegeslorbeer kann er heut vergessen, Bremse mich und komm als letzter an, Denn sein Sporn hat heut so tief gesessen, Stolpern werd ich, setz mich hintendran. Glockenzeichen, er ganz obenauf, Denkt an seine Siegesprämie bloß. Ach, wie gern ich in der Herde lauf, Wär ich nur den Zaum und Sattel los. Was die Beine plötzlich von mir wollen, Helf ich meinem Feinde doch zum Sieg? Denn sie laufen schneller, als sie sollen, Wer befiehlt mir, daß ich vorne lieg? Ich warf ihn hinunter auf die Erde, Was blieb denn auch anderes zu tun? Lief jetzt wie inmitten einer Herde, Weder Zaum noch Sattel spürt ich Sieg für mich, und er lief hinterher Über Pfützen, Tau und über Stein. War zum ersten Mal kein Zelter mehr, Wollte siegen und wie alle sein.
© Reinhold Andert. Übersetzung, 1989