Was soll ich euch belügen, dazu bin ich zu alt, Mich hat ein ganzer Zug mal am Morgen abgeknallt. Wer weiß, warum so etwas grad mir passieren muß? Das wird mir niemand glauben und sagen: »Alles Stuß!« Mein Kommandeur, der wollte es erst nicht, Doch als man fest auf meinem Tod be Tat dieser Zug vorbildlich seine Pflicht, Nur einem, dem versagte seine Hand. Mein Schicksal, das verrückte, es läuft schon lange schief. Ich griff mal einen Deutschen, der mir jedoch weglief. Der Sicherheitsmensch aber, solide, wie er war, Behielt mich streng im Auge, wir wurden bald ein Paar. Zog sie ans Licht und schleppte sie heran, Die Kaderakte, dick und ordentlich. Da half mir nichts und niemand, ich war dran. Er half! Der nicht geschossen hat auf mich. Die Hand fiel in den Abgrund, es krachte, Feuer frei. Ich hör: »Er lebt, der Teufel, ins Lazarett, dawai!« Passierschein, ab ins Jenseits, so hatte ich geglaubt, Erschossen wird nicht zweimal, denn das ist nicht erlaubt. Als mich der Arzt sah, pfiff er durch den Zahn, Holt’ Kugeln aus mir raus und wundert’ sich. Ich unterhielt mich leis im Fieberwahn Mit dem, der nicht geschossen hat auf mich. Ich leckte meine Wunden, war selten nur im Bett. Doch war ich Hahn im Korbe in diesem Lazarett, Denn alle Weiber waren in mich total verknallt. »He du, nur Halberschoßner, zum Spritzen, na wird’s bald!« Sie wurden dann zur Insel Krim gebracht, Pakete mit Glukose schickte ich, Damit sich’s süßer kämpft in dieser Schlacht, Für den, der nicht geschossen hat auf mich. Ich trank den Tee aus Schälchen, des öfteren mit Schuß. Ich bin nicht draufgegangen, ich kämpfte bis zum Schluß. Der Kommandeur begrüßt’ mich und sagt’ mir ins Gesicht: »Daß man dich nicht erschossen, nein, meine Schuld war’s nicht.« Statt mich zu freuen, daß man mich noch läßt, Ich heulte wie ein Hund und fluchte matt. Ein deutscher Schütze gab mir dann den Rest, Schoß nieder den, der nicht geschossen hat.
© Reinhold Andert. Übersetzung, 1989