An der Kante, auf dem schmalen Rand, überm tiefsten Grund der Erde, treibe ich, die Peitsche in der Hand, stets voran meine Pferde. Unter schweren Atemzügen sauge ich Wind und Nebel ein, und ich spüre mit Vergnügen: es wird bald, bald zuende sein. Langsam, langsam, meine Pferde, etwas langsamer nur! Denn die Peitsche besitzt keine Macht. Doch irgendetwas macht die Pferde ungehorsam und stur. Noch ist kein Ziel erreicht und mein Lied nicht vollbracht. Wasser für mein Gespann! Meine Strophe fängt an - Dass ich einen Moment noch am Grat halten kann... Ich bin weg - wie eine Flocke fegt der Sturm mich von der Erde, im Galopp ziehn sie den Schlitten durch den Schnee auf wilde Weise. Geht im Trab, etwas gemächlich, nicht so eilig, meine Pferde, und verlängert mir zur letzten Ruhestätte meine Reise. Langsam, langsam, meine Pferde, etwas langsamer nur! Denn die Peitsche besitzt keine Macht. Doch irgendetwas macht die Pferde ungehorsam und stur. Noch ist kein Ziel erreicht und mein Lied nicht vollbracht. Wasser für mein Gespann! Meine Strophe fängt an - Dass ich einen Moment noch am Grat halten kann... Angekommen! - Denn Gott duldet kein verspätetes Erscheinen. Was hat denn nur der Engelchor vorhin so böse aufgeschrien? Oder sind das meine Glöckchen, die am Schlitten lauthals weinen? Oder ist das nur mein Schrei, die Pferde mögen nicht so ziehen? Langsam, langsam, meine Pferde, etwas langsamer nur! Ich will nur, dass ihr nicht so schnell zieht. Doch irgendetwas macht die Pferde ungehorsam und stur. Ich will leben zuend und beenden mein Lied. Wasser für mein Gespann! Meine Strophe fängt an - Dass ich einen Moment noch am Grat halten kann...
© Manfred Lieser. Übersetzung, 2008