Damals, ja - wie ich liebte und litt! Damals trug ich ihr Bild in mir mit. Oft sah ich sie im Traume verklärt: Amazone auf schneeweißem Pferd. Was war denn noch der ganzen Bücher Sinn, als auf die Knie mich ihre Spuren niederzwangen! Was wurd aus dir nur, aus meiner Traumkönigin? Wie rasch ist mir die Illusion vom Glück vergangen! Unsre Seelen erblühten im Schein, unsre Sinne ertranken im Wein, und mit ihr schwanden Trauer und Leid, jeder Schmerz schien so unendlich weit. Nun aber scheint ihr Leichentuch bereit - zu Tränen lache ich und weine unbegründet. Schon ist ihr Blut zu Eis erstarrt für alle Zeit, aus Angst vorm Leben und davor, daß es bald endet. Ich begriff, alle Lieder sind aus. Ich begriff, alle Träume sind aus. Die Zeit mit ihr verging wie im Flug, war erfüllt nur von Lügen und Trug! Und ich verbrenn mein letztes Festgewand, schlag Saiten an, um mich vom Rausche zu erholen. Ich werd nie mehr von Illusionen übermannt, nie mehr verbeugen mich vor täuschenden Idolen.
© Manfred Lieser. Übersetzung, 2010